
UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator lässt aufatmen - in Österreich zeichnet sich nun leichtes Wachstum für 2025 ab
16.06.2025 | 10:33
Die jüngste BIP-Revision der Statistik Austria erhöht die Chance auf eine leicht positive BIP-Entwicklung im Gesamtjahr 2025
- Bei unveränderten unterjährigen Wachstumserwartungen ist nun mit einem BIP-Anstieg um 0,1 Prozent statt einem Rückgang von 0,2 Prozent für 2025 zu rechnen
- Deutliche Verbesserung des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators im Mai auf minus 2,0 Punkte
- Stimmungsaufhellung im Dienstleistungssektor unterstützt durch gestiegenes Konsumentenvertrauen sowie weniger Pessimismus in der Industrie
- Die Stimmung am Bau trübte sich jedoch wieder leicht ein
- Schwache Konjunktur wird nach Anstieg der Arbeitslosenquote 2025 auf 7,5 Prozent im kommenden Jahr voraussichtlich noch keine Entspannung ermöglichen
- Hartnäckige Dienstleistungsteuerung bremst energiepreisbedingten Rückgang der Inflation. Risiko für unsere Inflationsprognose von 2,5 Prozent im Jahresdurchschnitt 2025 hat sich erhöht
- Letzte Leitzinssenkung im laufenden Zyklus um 25 Basispunkte nach dem Sommer erwartet
Die Konjunkturstimmung in Österreich hat sich im Mai klar verbessert. „Der UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator stieg im Mai deutlich auf minus 2,0 Punkte. Damit erreichte der Indikator den besten Wert seit genau einem Jahr“, sagt UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Trotz des Anstiegs signalisiert der Indikator jedoch die Fortsetzung einer verhaltenen Konjunkturentwicklung in Österreich. Auch wenn es vereinzelt ein paar Lichtblicke gab, das Branchenklima lag im Mai in allen Wirtschaftssektoren unter dem langjährigen Durchschnitt. Nach dem geringfügigen Anstieg des BIP im ersten Quartal um 0,1 Prozent zum Vorquartal – gestützt auf ein Plus in der Industrie nach der Stagnation gegen Ende 2024 – sind die Aussichten auf eine Fortführung des Aufwärtstrends durchwachsen. Wir gehen zwar nicht davon aus, dass die österreichische Wirtschaft wieder in eine Rezession abgleiten wird, aber erwarten für den weiteren Jahresverlauf 2025 weiterhin nur ein bescheidenes Wachstumstempo etwa auf Niveau des ersten Quartals.“
Verbesserte Stimmung im Dienstleistungssektor zog Konjunkturindikator im Mai nach oben
Die Verbesserung des UniCredit Bank Austria Konjunkturindikators im Mai war vor allem auf eine Stimmungsaufhellung im Dienstleistungssektor zurückzuführen. Der konjunkturelle Gegenwind im Dienstleistungssektor hat im Mai deutlich abgeflaut. Die positive Wirkung der niedrigeren Zinsen und der wiedergewonnenen Kaufkraft der Konsumenten, die sich auch in einer Stimmungsverbesserung unter den Verbrauchern zeigte, kompensierte die Verunsicherung durch die erratischen US-Zollankündigungen, Sorgen um den Arbeitsplatz und die Auswirkungen des restriktiveren Budgetkurses der Regierung.
Trotz einer leichten Verschlechterung des globalen Exportumfelds, vor allem belastet durch die Aussichten für China, kam es in der heimischen Industrie zu einem moderaten Stimmungsanstieg. Angesichts anstehender Herausforderungen durch eine gesunkene Wettbewerbsfähigkeit, eine schwache Investitionskonjunktur sowie die US-Zollpolitik lagen die Geschäftsaussichten zwar weiter im pessimistischen Bereich, haben sich jedoch unterstützt durch den Aufwärtstrend der Produktion seit dem Jahresbeginn sowie der etwas günstigeren Auftragslage verbessert. Im Gegensatz dazu hat sich die Stimmung am Bau im Mai wieder geringfügig verschlechtert.
„Während sich im Dienstleistungssektor die Stimmung im Mai deutlich verbesserte und auch in der Industrie der volatile Aufwärtstrend anhielt, trübte sich in der Bauwirtschaft die Geschäftseinschätzung wieder ein. Für die kommenden Monate gehen wir daher sowohl für den Dienstleistungssektor als auch die Industrie von einem leichten Wachstum aus. Der konjunkturelle Tiefpunkt am Bau scheint mittlerweile zwar weitgehend überwunden, aber die Aussichten sind angesichts der schwierigen Auftragslage ungünstiger als in der Industrie oder im Dienstleistungssektor einzuschätzen“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Leichtes BIP-Plus 2025 nun wahrscheinlicher, spürbares Wachstum aber erst 2026
Zwar ist die österreichische Wirtschaft im ersten Quartal 2025 geringfügig gewachsen, ein stabiler Verbesserungstrend ist nach Einschätzung der Ökonomen der UniCredit Bank Austria jedoch nicht auszumachen, auch wenn die Verunsicherung in Zusammenhang mit der protektionistischen US-Handelspolitik in den kommenden Monaten wieder nachlassen sollten.
„Wir gehen für den weiteren Jahresverlauf 2025 in Österreich von einem nur bescheidenen Wirtschaftswachstum am Rande der Stagnation aus. Unser prognostizierter Wachstumspfad für die kommenden Quartale hat sich nicht verändert. Aufgrund der umfangreichen Revision des BIP für 2024 durch die Statistik Austria ergibt sich jedoch eine automatische Anhebung der Gesamtjahresprognose. Statt des leichten Rückgangs um 0,2 Prozent ist bei unveränderten unterjährigen Wachstumserwartungen nun ein leichter BIP-Anstieg von 0,1 Prozent für 2025 zu erwarten. Die Chancen, dass sich die Wirtschaftsleistung in Österreich nicht ein drittes Jahr in Folge verringert, haben sich durch einen statistischen Effekt erhöht“, meint Pudschedl.
Für 2026 erwarten die Ökonomen der UniCredit Bank Austria ein sich schrittweise verstärkendes Wirtschaftswachstum. Dazu beitragen sollte eine Belebung des privaten Konsums durch die Normalisierung der Inflation und das Abflauen der hohen Sparneigung sowie eine höhere Investitionsbereitschaft als Folge der niedrigen Zinsen sowie durch Streueffekte der expansiven Fiskalpolitik in Deutschland. Darüber hinaus sollte die Exportwirtschaft mit den zusätzlichen Belastungen durch die US-Zollpolitik besser umgehen können und zumindest die Wirtschaftsdynamik nicht dämpfen, so dass ein BIP-Anstieg von 1,1 Prozent möglich werden sollte.
Schwache Konjunktur belastet den Arbeitsmarkt noch weiter
Die verhaltene Wirtschaftsentwicklung schlägt sich weiterhin in einer Verschlechterung der Lage am Arbeitsmarkt nieder. Im Mai 2025 betrug die saisonbereinigte Arbeitslosenquote 7,5 Prozent und lag damit bereits um einen halben Prozentpunkt höher als vor einem Jahr. Während die Beschäftigung stagnierte, lag die Anzahl der Arbeitssuchenden um 8,5 Prozent über dem Vorjahr. Das entspricht einem Plus von rund 25.000 Personen. Während im primären Sektor und am Bau die Anzahl der Arbeitssuchenden stabil blieb, entfielen rund 15 Prozent der Zunahme auf die Industrie und überdurchschnittlich hohe 85 Prozent auf den Dienstleistungssektor.
„Mit 8 Prozent liegt die Arbeitslosenquote im Dienstleistungssektor aktuell klar über dem allgemeinen Wert von 7,5 Prozent. Noch höher mit knapp 10 Prozent ist die Arbeitslosenquote am Bau. Dagegen ist in der Industrie die Arbeitslosenquote trotz eines leicht überdurchschnittlichen Anstiegs innerhalb des vergangenen Jahres mit 4,4 Prozent weiterhin die klar niedrigste aller Wirtschaftssektoren in Österreich“, meint Pudschedl und ergänzt: „In den kommenden Monaten gehen wir von einem weiteren, aber relativ moderaten Anstieg der Arbeitslosenquote in Österreich aus, der weiterhin von der Entwicklung im Dienstleistungssektor und der Industrie getrieben werden wird. Im Jahresdurchschnitt 2025 erwarten wir nach den etwas niedrigeren Werten zu Beginn des Jahres eine Arbeitslosenquote von durchschnittlich 7,5 Prozent. Für 2026 gehen wir von einer Stabilisierung der Lage am Arbeitsmarkt aus, sodass die Arbeitslosenquote nicht mehr weiter steigen dürfte.“
Inflation sinkt nur langsam
Nach dem Anstieg zu Jahresbeginn vor allem aufgrund der Aufhebung der Strompreisbremse hat sich die Inflation mittlerweile wieder verlangsamt. Der Rückgang erfolgt jedoch nur sehr zaghaft. In den ersten fünf Monaten betrug die Inflation durchschnittlich 3,1 Prozent. In den kommenden Monaten sollte sich der Rückgang der Teuerung tendenziell etwas verstärken, gestützt auf niedrigere Ölpreise und den etwas stärkeren Euro. Auch der bislang hartnäckige Anstieg der Dienstleistungspreise infolge der hohen Kostendynamik von durchschnittlich 4,5 Prozent in den ersten fünf Monaten des Jahres sollte abflauen.
„Wir erwarten weiterhin einen Rückgang der Inflation auf durchschnittlich 2,5 Prozent im Gesamtjahr 2025. Allerdings hat sich das Risiko eines langsameren Inflationsrückgangs aufgrund einer hartnäckigen Dienstleistungspreisinflation mittlerweile erhöht. Das Risiko für das Halten unserer Inflationsprognose hat sich derzeit eindeutig erhöht“, meint Pudschedl. Für 2026 erwarten die Ökonomen der UniCredit Bank Austria eine Inflationsrate von durchschnittlich 1,9 Prozent.
Noch ein Zinsschritt nach unten am wahrscheinlichsten
Während die Normalisierung der Inflation in Österreich nur langsam Fortschritte macht, hat sich die Teuerung im Euroraum im Mai auf 1,9 Prozent verringert und erreichte damit das Ziel der Europäischen Zentralbank. Nach der erneuten Senkung der Leitzinsen im Juni um 25 Basispunkte liegt der Einlagenzinssatz nunmehr bei 2 Prozent. Insgesamt erfolgten damit im laufenden Zyklus bereits Zinssenkungen um 200 Basispunkte.
„Aufgrund der Abwärtsrisiken für die Konjunktur durch die US-Zollpolitik dürften sich die Lockerung der Geldpolitik im Euroraum noch etwas fortsetzen. Nach einer Pause über den Sommer rechnen wir mit einer weiteren und vorerst finalen Senkung um 25 Basispunkte im September. Damit findet der Einlagenzinssatz bei 1,75 Prozent seinen vorläufigen Endstand“, meint Bruckbauer und ergänzt: „Sollte in den Verhandlungen über Zölle zwischen den USA und der EU keine Einigung erzielt werden können, müsste die EZB den Leitzinssatz jedoch sehr wahrscheinlich unter 1,75 Prozent senken, während eine rasche Verbesserung der Handelsbedingungen die EZB wahrscheinlich dazu veranlassen würde, ihren Lockerungszyklus bei 2 Prozent zu beenden.“